INTERVIEW HSV-Kapitän Pascal Harder und Rhynerns Mannschaftsführer Dustin Wurst vor dem Derby
HAMM • Es ist ein Derby, das für die Hammer SpVg brisanter wird, als es ihr lieb ist. Denn nach der 2:4-Niederlage gegen den SV Schermbeck schwebt die HSV in der Fußball- Oberliga weiter in Abstiegsgefahr und wird daher am Donnerstag (15 Uhr) in der Evora Arena alles daran setzen müssen, das Ortsduell gegen den SV Westfalia Rhynern zu gewinnen. Vor der Partie sprach Patrick Droste mit den Kapitänen der beiden Mannschaften, Pascal Harder (HSV) und der nach seiner Roten Karte gesperrte Dustin Wurst (Rhynern).
Herr Harder, Herr Wurst, Sie spielen in zwei Klubs, zwischen denen die Rivalität recht hoch ist. Dennoch sind Sie ähnliche Typen, stehen zum Beispiel beide auf Tatoos. Was bedeutet Ihnen diese Art von Körperschmuck?
Harder: Mit 16 Jahren habe ich mir das erste Tatoo stechen lassen. Damals war es eine Modesache. Aber jetzt sehe ich das vielmehr als eine Charaktereigenschaft. Viele der Bilder sind persönliche Sachen, die zum Beispiel bedeuten, dass ich nie aufgeben und immer kämpfen werde. Bis auf mein linkes Bein ist bei mir alles tätowiert. Das bleibt aber auch frei, denn da tut es richtig weh.
Wurst: Ich habe nur drei Tatoos. Da kann ich mit Pascal nicht mithalten. Ich hätte gerne mehr und hätte nichts dagegen, so tätowiert zu sein wie Pascal. Aber das geht von meinem Job als Versicherungskaufmann her nicht. Bei mir fing das mit 19 Jahren an. Ich fand das spannend. Und finde es immer noch.
Auch von Ihrer Spielweise her ähneln Sie sich. Sie sind beide in technischer Hinsicht keine Feingeister, sondern Männer fürs Grobe. Sind Sie manchmal neidisch auf die Künstler oder passt es so, wie es ist? Wurst: Ich finde es cool, so rumzuhacken. Das hat ja auch was. Und ich finde, das ist auch eine Besonderheit, die nicht jeder hat.
Harder: Es muss nun mal solche und solche Spieler geben. Umso schöner ist es für mich, wenn mal ein Trick klappt. Dafür wird man dann im Training gleich gefeiert. Natürlich ist es schön, den technsich beschlagenenen Spielern zuzuschauen. Aber neidisch bin ich nicht.
Wie wäre denn gewesen, wenn Sie beide am Donnerstag irgendwo im Mittelfeld im Kampf um den Ball aufeinandergetroffen wären? Wären da die Fetzen geflogen? Harder: Das wäre hart, aber fair zugegangen. Ich möchte nie jemanden bewusst verletzen. Und nach dem Spiel sage ich eh immer: Sorry, tut mir leid. Letztlich ist es nur ein Spiel. Wobei die Partie morgen schon eine besondere ist.
Wurst: Tja, durch meine Rote Karte bin ich ja leider nicht am Start und muss das Spiel von der Tribüne aus verfolgen. Aber spannend wäre so ein Duell sicher geworden.
Was bedeuten Ihnen eigentlich Ihre derzeitigen Vereine? Einer von vielen, nur eine Durchgangsstation? Oder ist Ihnen Ihr Klub ans Herz gewachsen? Harder: Für mich ist die HSV eine Herzensangelegenheit. Sonst hätte ich ja auch nicht fürs nächste Jahr zugesagt. Es ist alles sehr familiär, ich fühle mich da absolut wohl.
Wurst: Wenn Rhynern mir nicht ans Herz gewachsen wäre, hätte ich nicht für ein drittes Jahr unterschrieben. Bei uns ist es aber nicht nur familär, sondern auch sehr ruhig. Das ist bei euch doch etwas anders, oder?
Harder: Nach Außen sieht das vielleicht so aus. Aber letztlich ist es bei uns schon recht ruhig.
Eine weitere Gemeinsamkeit: Sie spielen beide in der Defensive, haben in dieser Saison aber schon unterschiedliche Positionen bekleidet. Sie zum Beispiel, Herr Harder, sind eigentlich Innenverteidiger, liefen aber schon als Sechser auf. Fühlen Sie sich da eigentlich wohl? Harder: Klar bevorzuge ich die Rolle als Innenverteidiger, die ich mal gut, mal besser auskleide. Aber wenn der Trainer sagt, ich soll im defensiven Mittelfeld spielen, dann mache ich das. Ich bin ein Zerstörer und habe ein gutes Kopfballspiel. Ich bin dafür da, die Bälle zu holen und nicht, um Traumpässe zu spielen. Aber es ist schon etwas ungewohnt und eine Umstellung für mich im Mittelfeld. Da habe ich das Spiel nicht vor mir, sondern um mich herum.
Herr Wurst, Sie waren schon als linker und rechter Außenverteidiger sowie im Innenblock aktiv. Werden Sie in der neuen Saison auch mal als Sechser auflaufen? Wurst: In der Abwehr habe ich in der Tat schon alle Positionen durchlaufen. Aber als Sechser? Ich hoffe nie. Das ist nicht mein Ding.
Harder (grinst): Ich habe da schon gespielt.
Wurst (grinst mehr): Und hast du diese Saison schon ein Tor erzielt? Ich nämlich schon.
Harder: Laut Videotext vom WDR ja. Aber ich bin da verwechselt worden. Also eigentlich nicht.
Wurst: Doch, das kann man dann zählen.
Kommen wir mal zum Hinspiel. Herr Harder, was war bei der 0:4-Niederlage bei der HSV los? Und hat dieses Spiel Spuren hinterlassen? Harder: Das war eine eine Verkettung und Aneinanderreihung unglücklicher Umstände. Irgendwie waren wir nicht heiß genug. Wir hatten uns so viel vorgenommen, konnten aber nichts umsetzen. Das war so ein Tag, an dem einfach nichts klappte. Spuren hatte das Spiel nicht hinterlassen. Eher war es so, dass wir wohl noch die Westfalenliga- Saison im Kopf hatten und dachten, es geht so locker weiter, das ist ein Selbstläufer, das wird schon. Aber dann waren, zack, drei Monate vorbei, und wir standen unten drin – tiefer, als es uns lieb war.
Herr Wurst, können Ihre Teamkollegen auch ohne Sie den deutlichen Sieg aus dem Hinspiel wiederholen? Wurst: Das war damals für uns ein richtig guter, für die HSV ein eher bescheidener Tag. Ich denke, dass es jetzt eine viel engere Kiste sein wird. Wir müssen uns jedenfalls auf einen extrem heißen Tanz einstellen. Denn ich denke, die Hammer wollen diese Hinspielniederlage nicht auf sich sitzen lassen.
Herr Harder, was können die HSV-Fans am Donnerstag von Ihrem Team erwarten? Harder: Es ist einfach unsere Pflicht, mehr zu leisten und zu bieten als im vergangenen Jahr. Das, was wir abrufen können, werden wir zeigen. Das Hinspiel war schon sehr speziell. So eine Intensität habe ich bei keinem anderen Spiel erlebt. Umso wichtiger ist es, dass wir uns anders präsentieren. So eine Leistung wird es von uns nicht noch einmal geben. Im Fußball ist zwar immer alles möglich. Aber nicht, dass wir uns noch einmal so ergeben.
Herr Wurst, das Hinspiel war für die Rhyneraner ein Start in eine durchaus erfolgreiche Saison. Denn als derzeit Sechster sieht es für Ihr Team recht gut aus. Wurst: Wir können zufrieden sein. Wobei unsere Hinserie vor allem auswärts keineswegs so toll war. Da haben wir nur in Erkenschwick gewonnen, ansonsten viele schwache Spiele gezeigt. Das hat sich etwas gebessert. Aber leider gibt es dann immer wieder solche Rückfälle in alten Zeiten wie am vergangenen Sonntag bei unserer 1:3- Niederlage in Neuenkirchen. Trotzdem: Wir funktionieren als Team richtig gut. Jeder weiß, was er zu tun hat. Und es kann sich jeder auf den anderen verlassen. Ich denke, das ist unsere größte Stärke.
Herr Harder, die HSV dagegen lebt vor allem von ihren guten Einzelspielern. Als Mannschaft klappt es nicht immer nach Wunsch. Siehe die 2:4-Niederlage gegen Schermbeck. Woran liegt das? Harder: Das ist schwer zu sagen. Wenn wir die Antwort wüssten, könnten wir das ja abstellen und hätten nächste Woche ein Team auf dem Platz. Dass es am Trainer liegt, würde ich nicht sagen. Es hängt eher von den Spielern ab, wir haben da schon viele unterschiedliche Charaktere in der Mannschaft. Dabei kommt eigentlich jeder mit jedem klar. Und die Stimmung ist auch gut. Aber irgendetwas fehlt.
In Rhynern ist die Kaderplanung fast abgeschlossen, der Stamm steht, es sollen höchstens noch ein oder zwei weitere Neuzugänge dazukommen. Zudem werden auch Trainer Björn Mehnert und Andreas Kersting als Team-Manager weiter arbeiten. Ein Vorteil? Wurst: Definitiv. Es ist immer einfacher, wenn Mannschaft und Trainer zusammenbleiben. Auf jeden Fall besser, als wenn erst spät entschieden wird, wer kommt und wer geht. Wir können auf ein gut funktionierendes Gefüge zurückgreifen.
Das ist bei der HSV etwas anders. Wie bewerten Sie die Situation im Hammer Osten, Herr Harder, nachdem Abteilungsleiter Jens Heusener bereits zurückgetreten ist und Sven Heinze als Trainer sowie Lars Müller als Sportlicher Leiter nach dieser Spielzeit aufhören werden? Harder: Vielleicht ist es bei uns ganz gut, bei Null wieder anzufangen. Aber ansonsten kann ich nur für mich sprechen. Ich habe einen Vertrag. Und wer sonst noch geht oder kommt, weiß ich nicht. Es wird bei uns sicher keiner auf der faulen Haut liegen. Daher denke ich, dass wir auch in der nächsten Saison einen guten Kader haben werden.
Wie wichtig ist Herr Mehnert für die Westfalia, Herr Wurst? Wurst: Sehr wichtig. Als er in Rhynern eingestiegen ist, hat er den Umbruch eingeleitet und aus einem zusammengewürfelten Haufen eine Oberliga- Mannschaft geformt. Und jetzt schafft er es immer wieder, uns zu motivieren. Pöhlen und kicken macht bei ihm einfach richtig Bock.
Wie hat es die Mannschaft aufgenommen, dass nach Ablauf der Saison die Zusammenarbeit mit Sven Heinze beendet wird, Herr Harder? Harder: Wir waren überrascht. Ich persönlich hatte nie ein Problem mit ihm. Als Trainer war er nicht so schlecht, wie er von einigen dargestellt wurde. Er ist eben ein Typ für sich. Aber so wie er ist, bin ich mit ihm zurechtgekommen.
Herr Wurst, gibt es bei Ihnen nach der Roten Karte überhaupt noch eine Vorfreude auf das Derby? Wurst: Ich beiße mir seit dem Abpfiff am Sonntag ungefähr alle drei Minuten selbst in den Arsch. Ich bin total sauer. Ich hätte mal meinen Kopf einschalten sollen. Aber ich wollte nicht, dass mein Gegenspieler da alleine auf unser Tor zuläuft. Daher habe ich den Zweikampf gesucht. Jetzt sitze ich draußen. Dabei bin ich ein total schlechter Zugucker. Ich laufe da Amok, werde wahnsinnig. Das ist schon sehr hart für mich. Dennoch: Es geht um mehr als nur um die drei Punkte. Es geht ums Prestige. Auch wenn ein Großteil der beteiligten Spieler nicht aus Hamm kommt, so weiß doch jeder, worum es in dieser Partie geht.
Für die HSV geht es ja nicht nur ums Prestige, sondern vor allem um den Kampf gegen den Abstieg. Ist Ihr Team auf diese Doppelbelastung vorbereitet, Herr Harder? Harder: Klar, für uns ist der Druck selbstverschuldet gewachsen, weil wir gegen Schermbeck nicht den einen Punkt geholt haben. Jetzt müssen wir zusehen, dass wir Druck ablassen und gegen Rhynern die drei Zähler behalten, um hundertprozentig gesichert zu sein. Keiner von uns hat Lust, erst am letzten Spieltag alles klar zu machen. Wir alle haben richtig Bock auf dieses Spiel, sind heiß. Wir hoffen natürlich auf eine tolle Kulisse. Ich denke, es wird da knistern.
Zum Derby am Donnerstag gibt es einen ausführlichen Live-Ticker aus der Evora Arena. Ab 14.30 Uhr gibt es unter www.wa.de/ sport alle Informationen zum Spiel.